Ärztliche Kinderschutzambulanz in der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen
Erste Anlaufstelle für misshandelte Kinder
KinderschutzambulanzSprechstunden sind „niederschwelliges Hilfsangebot“ - Diagnostik steht im Focus
Da ist etwas, da ist etwas seltsam. Es ist dieses „komische Bauchgefühl“, das die Erzieherin im Kindergarten, den Lehrer, den Trainer oder die Großeltern umtreibt. Was kann man tun, wenn der Verdacht aufkommt, dass ein Kind misshandelt, sexuell missbraucht oder vernachlässigt wird? „Unsere offene Sprechstunde ist eine erste Anlaufstelle. Sie ist ein niederschwelliges Hilfsangebot, um zu klären, ob sich der Anfangsverdacht bewahrheitet“, sagt Oberärztin Dr. Christiane Schmidt-Blecher. Die Kinderärztin leitet seit Dezember 2014 die ärztliche Kinderschutzambulanz der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen. Seit gut 15 Jahren ist der ‚medizinische Kinderschutz‘ ihr Thema: „Bei einem Verdacht auf Misshandlung agieren wir hochsensibel und mit großer Sorgfalt. Erfolgreicher Kin-derschutz setzt Vertrauen voraus. In unserer Ambulanz steht dem Kind ein multiprofessionelles Kompetenzteam von Ärzten und Therapeuten zur Seite.“
Diagnostik und Beratung
Blutunterlaufene, blaue Flecke an untypischen Stellen wie der Hinter-seite des Oberschenkels oder am Rücken, Bisswunden, Striemen, Verbrennungen, Knochenbrüche - das alles sind mögliche Hinweise auf körperliche Misshandlungen. „Wenn die Eltern wenig plausibel erklären können, wie die Verletzung entstanden ist oder sie den Kin-derarzt häufig wechseln, um die Krankengeschichte des Kindes zu verschleiern, dann kommt ein Verdacht auf, dem man nachgehen muss“, sagt Dr. Christiane Schmidt-Blecher und stellt klar: „Wir sind in erster Linie Ärzte, nicht polizeiliche Ermittler. Bei uns stehen Diagnostik und Beratung im Mittelpunkt. Wichtig ist zu bewerten, ob das Kind in seinem häuslichen Umfeld, in seiner Familie einer weiteren Gefahr ausgesetzt ist. Es gibt Fälle, da kann beispielsweise die Mutter ihr
Kind nicht vor dem gewalttätigen Vater oder ihrem Partner schützen. Diese Mütter haben aber Angst, dass man ihnen das Kind wegnimmt, wenn sie sich Hilfe holen. Wir vermitteln dann den Kontakt zu den helfenden Institutionen wie Mutter-Kind-Einrichtungen und anderen Behörden. Für uns steht nicht die Anzeige im Focus, sondern der Schutz des Kindes.“
Dem Kindeswohl verpflichtet
„Wir sind nicht die Instanz, die zwangsläufig Anzeige bei der Polizei erstattet“, stellt auch Dr. Gerrit Lautner, der ärztliche Direktor der Kinder- und Jugendklinik klar, „für uns gilt zuerst einmal die Schweigepflicht. Aber auch da gibt es eine Grenze, die von der Schwere der Übergriffe abhängig ist. Das Kindeswohl zu schützen, ist unsere wichtigste Verpflichtung. Wir kooperieren mit dem Jugendamt, wir beraten und unterstützen uns gegenseitig in unserer Arbeit.“
In der Gelsenkirchener Klinik rechnet man jährlich mit bis zu 80 „Fällen“. Für den Arzt ist jeder „Fall“ ein Kind und sein Schicksal. „Das nimmt niemand leicht“, sagt Dr. Schmidt-Blecher: „Persönliche Empfindungen müssen wir aber zugunsten einer professionellen Diagnostik zurückstellen. Unser Mitleid hilft dem Kind nicht, aber unsere Kompetenz zu erkennen, was passiert ist, und zu klären, ob das Kind geschützt werden muss.“
Die ärztliche Kinderschutzambulanz der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen ist in der Adenauerallee 30 in GE-Buer. Die Sprechstunden in der Ambulanz sind Montag bis Freitag 13.45 – 15.45 Uhr (telefonische Anmeldung unter 0209 - 369-333).
Es gibt einen 24-Stunden-Notfalldienst unter Tel 0209 - 5902-333.
Hintergrund:
Kinder und Jugendliche, die Opfer einer Gewalttat wurden, erhalten eine erste psychotherapeutische Unterstützung in der Opferambulanz der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen (seit September 2013 eingerichtet, Kontakt: Tel 0209 - 369-364). Diese Ambulanz wird vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe finanziert. Beide Angebote der Klinik sind in Gelsenkirchen einmalig.